„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Ayurveda statt Kneipp
18. Mai 2007 Kolumne
Elefanten im Schwarzwald?
Werbung für indische Medizin im Südschwarzwald
Werbung für indische Medizin im Südschwarzwald
Direkt am Dorfeingang steht auf einem Schild „Ayurveda in Haltingen“. Haltingen, das ist ein Weinort mit mildem Klima im südlichen Schwarzwald. Was hat hier ein Medizinangebot vom schwülheißen indischen Subkontinent verloren. Gibt’s etwa seit neuestem Elefanten im Schwarzwald?
Natürlich nicht, was sollen die da?. Ich weiß nicht, was die Dame in Haltingen ihren Kunden anbietet. Wahrscheinlich Massagen mit heißem Öl und Kräuteressenzen. Nichts dagegen, eine ganze Wellnessindustrie hat sich begeistert auf das fernöstliche Ayurveda gestürzt und beglückt die Kundschaft mit einem selbst zusammengebastelten Sammelsurium aus Räucherstäbchen, heißem Öl, Massagen und transzendentaler Musik. Mich erinnert das immer ein wenig an die frühe Hippiezeit, wo wir Marihuana geraucht haben und Pink Floyd gehört haben.
Mit dem wahren Ayurveda hat das natürlich nichts zu tun. Denn hinter diesem Begriff verbirgt sich eine höchst raffinierte Lehre vom Menschen mit verschiedenen Typologien, mit einer entsprechenden Ernährung, einer entsprechenden mentalen Begleitung. Also das, was so gerne ganzheitlich genannt wird.
Das ist höchst faszinierend, und ich will es mir nächstes Jahr einmal in Indien anschauen. In Indien!!! Denn Ayurveda ist für das schwülheiße Klima Indiens entwickelt worden. Es basiert auf den Pflanzen, vor allem den Gewürzen, die dort wachsen. Und so sieht das dann in der Praxis aus, zitiert nach einem Artikel aus der Apotheken Umschau über Ayurveda:
„Durch die Verwendung verschiedener Gewürze kann im Ayurveda dieselbe Mahlzeit typgerecht für die jeweilige Dosha-Konsitution zubereitet werden. Kurkuma und und Safran sollen den Stoffwechsel bei allen Doshas ausgleichen, Ingwer, Zimt, Nelke und Cayennepfeffer mit ihren wärmenden Eigenschaften sind besonders geeignet für die Vata-Konstitution. Pitta-Typen sollen mehr von bitteren, kühlenden Kräutern wie Koriander, Kardamon und Basilikum profitieren“.
Das klingt spannend. Nur, was hat das mit unserem normalen Leben zu tun? Mag sogar sein, daß für eine begrenzte Zeit sich in speziellen Einrichtungen auch in Deutschland so essen läßt. Aber in den Alltag wird das nie einziehen, dafür haben wir hier eine andere Konsitution, ein anderes Klima, andere Pflanzen, eine andere Kochtradition.
Statt weiterhin solchen fernöstlichen Schimären hinterherzujagen, plädiere ich dafür unsere Heilkundler wieder zu entdecken. Etwa den großen Sebastian Kneipp, der ebenfalls eine geschlossene Medizin aus Ernährung, Bewegung und mentaler Balance entwickelt hat.
Nur, bei Kneipp kommt halt kaltes Wasser zur Abhärtung vor. Da zieht es doch viele lieber warmduschermäßig ins fernöstliche Wohlfühlklima. Bringt zwar wenig, kostet viel und erspart die aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Gesundheit.
Das Werbeschild am Haltinger Ortseingang steht immer noch. Direkt daneben werben die beiden Kirchen um Kunden.
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