„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Donaueschinger Musiktage
11. Oktober 2007 Kunst
Jack in the Box
„Schloßkonzert“ mit „Jack Box“
„Schloßkonzert“ mit „Jack Box“
Einen ganz anderen „Lauber“ können Sie vom 19. bis 21. Oktober in Donaueschingen erleben: Sie finden mich im „Fischerhaus“ im Schlosspark, wo ich als Premiere die „Jack Box“ präsentiere – eine Klang-Skulptur, die mein Freund Trimpin aus Seattle mit meiner Unterstützung gebaut hat.
„Jack Box“ heißt die Skulptur, weil ich mich als 20jähriger Jack nannte (nach „Happy Jack“ von den Who). Und das Box bezieht sich auf Juke Box, weil die Musikstücke, etwa „Hey Joe“ von Jimi Hendrix oder der Hebel-Hit „Z´Mülle uf de Poscht“ nur gegen Geldeinwurf erklingen.
Jack vor „Jack Box“
Jack vor „Jack Box“
Kennengelernt habe ich Trimpin (damals hieß er noch Gerhard Trimpin) vor über 30 Jahren in Berlin-Kreuzberg, wo wir uns in halben Abbruchhäusern die Nächte um die Ohren schlugen (ich mehr als er). Schon damals war ich davon fasziniert, dass er praktisch alle Instrumente spielte, die Noten beherrschte – und mir erklärte, wie sich das Instrument verbessern ließe.
„Instrumente verbessern“, das wurde die große Passion von Trimpin, der nun seit über 25 Jahren in Seattle lebt – und dort zu einem der bedeutendsten Schöpfer von Klangskulpturen geworden ist. Aber obwohl seine Skulpturen (eine der berühmtesten steht im Jimi-Hendrix-Museum in Seattle) vollgestopft mit Elektronik, mit Software sind, sind die erzeugten Töne natürlich.
So auch bei der „Jack-Box“: Hier arbeiten über 30 Computer, die dafür sorgen, dass automatisierte „Finger“ die Saiten nach unten auf das Griffbrett pressen – sodass völlig neue Spielmöglichkeiten entstehen. Selbst Jimi Hendrix, der begnadeteste Gitarist aller Zeiten würde sich noch wundern, was alles in einer Gitarre noch drin steckt. Auch ich bin gespannt, welches Potential in der „Jack Box“ schlummert, weshalb ich das Instrument Musikhochschulen zur Verfügung stellen will, Kompositionsaufträge vergeben möchte.
Hülya vor Kranz-o-phon
Hülya vor Kranz-o-phon
Trimpin verkörpert die perfekte Symbiose aus amerikanischem Show Business und europäischem Forscherdrang. So führt er auf einem der vielen Seen von Seattle schon einmal eine Performance auf, wo er Klavier auf einem untergehenden Floß spielt. Und bei einem Streifzug durch Kölsche Kneipen fiel ihm sofort der typische Bierkranz der Köbesse (so heißen da die freundlichen Kellner) auf: „So einer passte perfekt zur Jack Box“, meinte er – was mir als Freund des Kölsch (so heißt das lokale Bier) sofort einleuchtete. Nur, wie nachts einen Kranz bekommen, schließlich ist er Werkzeug der Köbesse?
Hülya, die Wirtin von der „Torburg“ am Severinstor, und ihr Mann Martin (Nachnahmen sind in Köln nicht so wichtig) waren die Retter. Sie schenkten dem sichtlich erfreuten Trimpin einen verbeulten Kranz, einschließlich der Gläser. Den nahm Trimpin mit nach Seattle, wo er daraus ein Schlagwerk für die „Jack Box“ konstruierte. Natürlich nicht irgendeines, sondern ein präzise gestimmtes, denn der Gag mit dem Kölsch-Kranz ist das eine, das perfekte Musikinstrument das noch wichtigere. Ach so, die „Jack Box“ inszeniert auch noch die „grundlegende, von Pythagoras entwickelte Theorie des Monochords“. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
Hier entsteht die Musik: Trimpin und Armin Köhler
Hier entsteht die Musik: Trimpin und Armin Köhler
Wenige Musiker schaffen den Sprung nach Donaueschingen. Denn hier spielt seit über 80 Jahren die musikalische Avantgarde. Und noch weniger werden Musiker gleich mehrfach eingeladen – und haben auch noch zwei Aufführungen. Trimpin ist einer davon. Er tritt mit seinen „Sound Sculptures“ bereits zum dritten mal bei den Donaueschinger Musiktagen auf. Sicher auch ein Verdienst von Armin Köhler, dem dynamischen Kopf und Macher des Festivals. Nichts kann den SWR-Mann aus der Ruhe bringen, letztes Jahr hielt er mir noch im größten Trubel einen musiktheoretischen Exkurs über Interpretationstechniken.
Aber nicht nur mit der „Jack Box“ im Fischerhaus (das heißt so, weil hier früher über einen Abzweig des Schloßbaches Fische in ein Becken schwammen, was heute leider nicht mehr so ist) präsentiert sich Trimpin 2007 in Donaueschingen. Nein, auch über der symbolträchtigen Donauquelle senken sich aus Bambusstämmen gefertigte Instrumente zur „Klangquelle“ ins Wasser und erzeugen ebenfalls wieder natürliche Klänge – wobei die Bewegungen der Zuschauer rund um die Quelle Einfluß auf die musikalischen Abläufe nehmen.
„Das wird gut“, sagte Armin Köhler, als Trimpin und ich dieses Frühjahr die Quelle vermaßen, und die Beiden die geplante Skulptur besprachen. Ich bin sicher, der Festival-Fuchs wird Recht behalten.
Übrigens: Wer den „Diabetes“-Lauber erleben will, hat am 23. Oktober in Göppingen Gelegenheit: Dort spreche ich auf Einladung der AOK.
Zum Vortrag
St. Maternus
27. November 2006 Kunst
Musik als Meditation
Die Trompeten von Markus Stockhausen
Die Trompeten von Markus Stockhausen
Darauf freue ich mich jeden Monat ganz besonders: Auf die Konzerte mit Markus Stockhausen in der Kirche St. Maternus in Köln.
Es ist eine unvergleichliche Konzertreihe, die es seit vielen Jahren in der romanischen St. Maternus-Kirche in der Kölner Südstadt gibt: Die Reihe „Klangvisionen“ des Lichtkünstlers Rolf Zavelberg und des Musikers Markus Stockhausen, dem Sohn von Karlheinz Stockhausen.
Ein meditativer Zauber wohnt diesen Konzerten inne, die meist nur von einigen Dutzenden Menschen besucht werden: Da ist zum einen die subtile Lichtinszenierung von Rolf Zavelberg, dem es mit wenigen Mitteln (etwa einer Blume) gelingt, ruhig verändernde Farbvisionen zu erzeugen, die sich so wohltuend abheben von den heute möglichen schnellen elektronischen Farbsequenzen. Und da ist das brillante Spiel von Markus Stockhausen, dessen fulminante Spieltechnik es ihm ermöglicht, seine improvisatorischen Ideen (er spielt bei diesen Konzerten nicht nach Noten) immer so umzusetzen, wie er es will.
Am liebsten habe ich seine Solo-Konzerte, wo er mit seiner Trompete durch den romanischen Kirchenraum geht, mit der Akustik des Raumes spielt. Es ist eine ganz eigene Musik, die dabei entsteht, die sich gottseidank allen Kategorisierungen entzieht, mit Anklängen an Klassik, Jazz. Gerne habe ich aber auch die Konzerte, wo er mit seiner Lebensgefährtin Tara Bouman auftritt, die ein Instrument spielt, das ich über alle Maßen liebe: die Bassklarinette.
„Schön, dass Sie so oft bei uns sind! Herzlichen Dank“, schrieb mir neulich Tara Bouman in eine CD-Hülle. Ich danke, daß es diese wunderbaren Konzerte weiter gibt.
Unter www.aktivraum.de sehen Sie, wann in 2007 die nächsten Konzerte stattfinden.