„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Eine unerwartete Erfahrung
7. Dezember 2007 Kolumne
Guter Mond, du machst so schnelle
Wachtel-Sesam-Salat von Silvia Manser
Wachtel-Sesam-Salat von Silvia Manser
Schon immer hat mich der Mond fasziniert. Schon immer habe ich mit großem Interesse gehört, was mir Experten über seinen Einfluß auf uns erzählt haben. Nachhaltig beeindruckt haben mich vor allem Erfahrungen, die Holzleute mit dem Mond machen. So ist Holz, das an einem bestimmten Tag im Jahr geschlagen wird, praktisch nicht brennbar. Und auch wer will, dass sich das Holz hinterher nicht verzieht, muss den Tag des Einschlags nach dem Mondkalender wählen.
Eine ganz unerwartete Begegnung mit dem Mond hatte ich neulich: Es war in dem schönen Ort Gais im Schweizer Appenzellerland, eine Gegend, in die es mich magisch zieht, weil die Landschaft intakt und das Essen gut ist. Besonders gut ist das Essen in der „Truube“ in Gais, die von Silvia (sie kocht) und Thomas Manser (er macht den Service) geführt wird; ein Landgasthof, wie es ihn bei uns kaum noch gibt.
Ein Fünf-Gang-Essen hatte ich für den Abend bestellt. Da dachte ich, ein wenig Joggen vorher kann nichts schaden. So gegen vier Uhr nachmittags lief ich los. Es wurde schon dämmrig, es war dicht neblig, es war eine wunderbare Watte-Luft. Erst rannte ich rund 200 Höhenmeter auf den Gäbris, einen Aussichtsberg, wo es aber nichts zu sehen gab. Normalerweise laufe ich irgendwo rauf, dann wieder runter. Als ich nach einer Stunde wieder im Dorf mit seinen stimmigen Häusern war, wollte ich an sich aufhören.
Aber plötzlich packte mich eine unwahrscheinliche Lust, weiter zu laufen. Ich wusste nicht, woran es lag. War es diese eigentümliche Stimmung mit dieser niesligen Traumluft? Waren es die freundlichen Leute, die alle selbstverständlich „Grüezi“ sagen, wenn sie einen treffen? Waren es die gut gebaueten Häuser, die mich reizten, ihre durchdachten Proportionen aufzusaugen? Egal, ich wollte einfach laufen. Immer wieder joggte ich durch den Ort, lief aus ihm heraus, erklomm immer wieder kleine Hügel, kam zurück. Inzwischen sah ich kaum noch etwas, die Brille war beschlagen, ich musste aufhören, schaute auf die Uhr, schüttelte den Kopf. Über zweieinhalb Stunden war ich gejoggt. Einfach so.
Spaßeshalber maß ich im Hotel hinterher den Zucker: 83. Ein guter Start für Silvia Mansers Überraschungsmenü. Es gab Wintersalat mit sesambestreuten Wachtelbeinen; eine sensationelle Heusuppe mit Trockenfleisch; eine Forelle auf Ananas-Sauerkraut; herrlich deftige Kalbsbäckchenravioli auf Fenchel; ein Kalbsfilet in einer Kruste aus selbst gesammelten Kräutern (teilweise aus dem Schnee ausgegraben!) mit Gemüse. Dazu ein überragender Pinot Noir von Georg Fromm aus dem nahen Bündnerland. Eine Küche aus einem geerdeten Himmel auf Erden. Nur: Normalerweise ist der Blick auf die Zuckeruhr nach so einem Essen keine Freude. Nicht so diesmal: 77 zeigte der Compact plus am nächsten Morgen. Vor lauter Freude wollte ich schon wieder los laufen.
Loslaufen? Schon wieder? Ja, denn inzwischen wusste ich, wer mir Beine gemacht hat: Der Mond, es war die Nacht des Vollmonds. Nächstes Jahr wird es wieder „Lauber´s Diabetes-Kalender“ geben. Und ich verspreche Ihnen eines: Der Mond wird eine wichtige Rolle spielen!
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